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Tipps und Tricks für den Einstieg in das Thema „Maschinelles Lernen für die Produktion“ verrät Marco Huber, Professor für Kognitive Produktionssysteme an der Universität Stuttgart und Leiter des Zentrums für Cyber Cognitive Intelligence (CCI) am Fraunhofer IPA.

Wo lohnt es sich für ein mittelständisches Unternehmen, in das Thema Künstliche Intelligenz (KI) einzusteigen, wenn man bisher noch nichts mit Maschinellem Lernen gemacht hat?

Huber: Der Einstieg lohnt sich dort, wo der größte Nutzen oder das größte Wertversprechen für ein Unternehmen ist. Wie üblich zählen dabei Zeit, Qualität und Geld. Sprich: Kann ich meine Produktion optimieren und eine höhere Gesamtanlageneffektivität (Overall Equipment Effectiveness OEE ) erreichen? Verbessert sich die Produktqualität und habe ich weniger Ausschuss? Und schließlich die Frage: Eröffnet mir das Maschinelle Lernen neue Geschäftsmodelle? Gerade im letzten Punkt sehe ich für den deutschen Mittelstand noch Nachholbedarf, besonders im Vergleich zu den USA.

Und wo fällt der Einstieg am leichtesten?

Huber: Am leichtesten ist der Einstieg sicher dort, wo Produktionsmaschinen bereits vernetzt sind und ein einfacher Zugang zu vielen Daten vorhanden ist. Denn Daten sind der Schlüssel für Maschinelles Lernen. Übrigens: Bevor man sich zu sehr in der Konzeption verliert, rate ich, einfach mal anzufangen. Denn es besteht die Gefahr, dass der Wettbewerber sonst schneller ist.

Und welches Vorgehen empfehlen Sie für den Einstieg?

Huber: Zunächst ist es wichtig, geeignete Anwendungsfälle im Unternehmen ausfindig zu machen - was aber meist nicht so schwierig ist. Dann sollten Nutzen und Schwierigkeit bewertet werden, also welche Daten, Expertise und Technologie brauche ich und welche Ziele verfolge ich mit Maschinellem Lernen? Und dann empfehle ich vier goldene Regeln.

Und die wären?

Huber: Erstens: Klein beginnen, groß denken. Man sollte zunächst an einzelnen Prozessschritten arbeiten. Denn kleine Fortschritte bringen bereits erste Kenntnisse über Maschinelles Lernen und stärken das Vertrauen in die Technologie. Zweitens: Früh anfangen. Wenn man frühzeitig nützliche Anwendungsfälle identifiziert und kurze Entwicklungszyklen nutzt, erhält man schnell erste Prototypen. Drittens: Auf den Nutzen achten. Damit steht und fällt letztlich ein Projekt für Maschinelles Lernen. Mein Rat daher an Entscheider: Lassen Sie die Fachabteilung das Thema vorantreiben und nicht die IT. Und viertens: Alle mitnehmen. Man darf bei Machine-Learning-Projekten nicht die Mitarbeiter vergessen. Wenn man diese vom Nutzen des Projekts überzeugen kann, verhindert dies unnötige Blockaden.

Woran wird geforscht?

Deep Learning ist in der Forschung rund um das Maschinelle Lernen laut Professor Marco Huber derzeit ein wichtiges Thema. Dazu gehört beispielswiese das Reinforcement Learning. Huber: „Ein Beispiel wäre ein Roboter, der nicht mehr programmiert wird, sondern seine Tätigkeit mithilfe eines Algorithmus nach Trial and Error Prinzip lernt.“ Beim Transfer Learning wiederum gehe es darum, Erfahrungen und Wissen aus einmal Gelerntem auf ähnlich geartete Aufgaben zu übertragen, um nicht jedes Mal wieder ganz von vorne beginnen zu müssen. Huber: „Und natürlich beschäftigen sich die Forscher auch mit dem Meta-Learning, also damit zu lernen, wie man lernt.“