Healthcare-Automation im Fokus
Alle Wachstumsprognosen für Robotersysteme in Pharma, Medizin und Gesundheitswesen kennen nur eine Richtung: steil nach oben. Laut Mordor Intelligence soll das Marktvolumen bis 2030 über 31 Milliarden USD erreichen, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von über 19 Prozent entspricht. Klar, dass die automatica 2025 diesen Zukunftsmarkt besonders in den Fokus rückte.
Dabei setzten die Messemacher auf ein schlagkräftiges Konzept, das aus drei sich ergänzenden Bausteinen bestand: dem MedtecSUMMIT in Zusammenarbeit mit Bayern Innovativ, dem MedtecLIVE Healthtech Pavillon in Kooperation mit der NürnbergMesse und mit vom VDMA Healthtech kuratierten Exponaten der automatica Aussteller.
Während sich Besucher auf dem Summit in aktuellen Vorträgen von ausgewiesenen Experten aus Medizin, Wissenschaft und Industrie über ein breites Themenspektrum informieren konnten, beleuchteten unterschiedliche Aussteller aus dem medizintechnischen Zulieferbereich im MedtecLIVE Healthtech Pavillon die komplette Wertschöpfungskette dieses Wachstumsmarktes. Großen Anklang bei den Fachbesuchern fanden auch die täglichen Guided Tours, geführt vom VDMA Healthtech, die die wichtigsten Aussteller und Exponate nach bestimmten Anwendungsschwerpunkten unter die Lupe nahmen.
Roboter für aseptische Bereiche
„Unser dreistufiges Healthtech-Konzept hat sich sehr gut bewährt. Das Interesse seitens der Fachbesucher war enorm, was die Bedeutung dieses Zukunftsmarktes für die Automation unterstreicht. Und die Aussteller haben natürlich ganze Arbeit geleistet. An rund 70 Messeständen zeigten sie wegweisende Robotik-, Cobot- und Mobilroboterlösungen für Healthtech-Applikationen sowie innovative Montageanlagen für Medical Devices“, betont Anja Schneider, Projektleiterin der automatica.
Wie weit die Möglichkeiten der Automation mittlerweile fortgeschritten sind, bewiesen einige Premiumhersteller mit hygienegerechten Robotern, die selbst in sterilen Umgebungen arbeiten können. Zu deren Einsatzgebieten zählen unter anderem die Zell- und Gentherapie (CGT), die Biotherapie, die API-Forschung und -Produktion sowie die Laborautomatisierung. Selbstverständlich kommen die Pharmaroboter auch mit den Anforderungen der Reinigung und Dekontamination mit Wasserstoffperoxid bestens zurecht.
KI revolutioniert Healthtech-Applikationen
Auf der automatica zeigte sich auch, wie sehr der Robotereinsatz in den Bereichen Medizin und Pharma von Künstlicher Intelligenz profitieren kann. KI macht Robotik in Laboren, in der Pharma-Logistik oder direkt am Patientenbett flexibler, präziser, sicherer – und oft überhaupt erst möglich. Sie erlaubt die Verarbeitung großer Datenmengen in Echtzeit, erkennt Muster und trifft adaptive Entscheidungen. „KI verwandelt Roboter in intelligente Assistenten, die Fachkräfte spürbar unterstützen und neue Qualitätsstandards setzen“, erklärt Andreas Däubler, CTO des Münchner KI-Spezialisten robominds.
Erste Projekte zeigen das Potenzial: Mit KI-gestütztem Bin Picking konnte robominds die Sortierung und Vorbereitung von Blutproben für Analyseschritte automatisieren – eine Aufgabe, die höchste Genauigkeit erfordert. In einem weiteren Projekt wurde ein mobiler Roboter realisiert, ebenfalls im Laborumfeld, der Proben zuverlässig kommissioniert – ähnliche Anwendungen sind beispielsweise beim Verteilen von Medikamenten in Krankenhäusern denkbar.
Wie sehr die Zukunft bereits im Labor angekommen ist, beweist das „Futurelab“ des Hamburger Start-ups bAhead, das eine hocheffiziente und kostengünstige KI-Laborautomatisierung ermöglichen soll. „Wir kombinieren erstmals im Laborbereich drei disruptive Technologien miteinander – Cobots, Drohnen und KI. Alle Bestandteile des Systems sind kosteneffizient, multifunktional und genau aufeinander abgestimmt und zentral koordiniert über Schwarmintelligenz“, erklärt bAhead-Gründer und CEO Rainer Treptow. „Dadurch entsteht eine ganz andere Dynamik als bei einer herkömmlichen Laborautomatisierung, vor allem für Labore, die trotz kleiner Probenzahlen automatisieren müssen.“
Reha-Roboter Robert entlastet Pflegekräfte
Eine ganz andere Mission verfolgt Roboter Robert®. Er ist für die Mobilisierung von Patienten nach chirurgischen Eingriffen oder Schlaganfällen zuständig. „Mit unserer Lösung wollen wir helfen, Patienten schneller und effizienter zu mobilisieren und dabei die Pflegekräfte zu entlasten“, sagt Keld Thorsen, CEO von Life Science Robotics.
Und so einfach funktioniert Robert: Die Pflegekraft verbindet den Roboterarm zum Beispiel mit dem Bein des Patienten. Ein Druck auf den Startknopf und Robert hebt das Bein ein wenig an. Nun kann die Pflegekraft manuell die therapeutisch sinnvollen Bewegungen durchführen. Robert speichert diese Bewegung und führt sie im Anschluss exakt der Vorgabe entsprechend selbstständig und beliebig wiederholbar aus.
Mobilroboter dringen in aseptische Bereiche vor
Wieder andere Anwendungsfelder im Bereich Healthcare sind nur mit Mobilrobotern zu automatisieren. Dazu zählen die Unterstützung hilfebedürftiger Personen, aber auch neue Konzepte für Transport- und Handhabungsaufgaben in der Pharma Factory der Zukunft. Auch für solche Aufgaben zeigten einige Aussteller der automatica wegweisende AGV- und AMR-Lösungen, darunter war auch eine ganz besondere Premiere: Stäubli Robotics präsentierte den weltweit ersten Mobilroboter, der für sterile Umgebungsbedingungen zertifiziert ist – ein Meilenstein für die Automation in der Pharmaindustrie.
„Für Stäubli und viele weitere Aussteller war die Healthtech-Initiative der Messe München ein voller Erfolg. Der Ausstellungsschwerpunkt war perfekt in Szene gesetzt und hat unsere Erwartungen erfüllt. Wir hoffen auf eine Wiederholung auf der automatica 2027“, so Peter Pühringer, Geschäftsführer Stäubli Robotics, Bayreuth. Und dafür gibt Anja Schneider bereits heute grünes Licht: „Der Ausstellungsschwerpunkt Healthtech war für die Fachbesucher, die Aussteller und für uns als Veranstalter ein echtes Highlight. Da ist eine Wiederholung mit einem optimierten Konzept, in das das Feedback der 2025er Messe einfließen wird, quasi Pflicht.“
Text: Ralf Högel für Messe München